Spezielle Phantasien – Last oder Lust?
Es ist wieder soweit und es passt mir einfach nicht in den Kram. Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass sich meine erotischen Phantasien in eine Richtung entwickeln, die völlig konträr ist zu meinem Selbstbild bzw. zu dem Menschen, der ich im Leben gerne sein möchte. Wegen der öffentlichen Zugänglichkeit des Blogs (ohne Prüfung der Volljährigkeit) werde ich hier nicht ins Detail gehen – nur so viel: René aus „Die Geschichte der O“ würden diese Phantasien recht gut gefallen!
Diese in dem Moment unpassenden Phantasien schleichen sich langsam an, lassen Bilder und Gedanken entstehen. Erst kann ich sie noch eine Weile ignorieren, versuche für mich passende Gegenbilder zu schaffen. Aber dann macht es in entscheidenden Momenten leider nicht mehr „klick“. Die Erregung bleibt in ihren Anfängen stecken und ich gebe frustriert auf, weil ich dieser gefühlt unpassenden Phantasie gerade keinen Raum geben möchte. Gibt es eben keinen entspannenden Höhepunkt vor dem Einschlafen. Doch die Libido bricht sich in den darauf folgenden Tagen wieder Bahn. Die Bilder, welche sich während der Berührung des eigenen Körpers einstellen, werden immer deutlicher und die kleinen, wie von selbst im Kopf entstehenden Geschichten verselbständigen sich.
Es scheint fast so, als steigere der Widerspruch zu dem, wie ich mich als Frau im realen Leben sehe noch die Erregung. Immer wieder gelingt es mir eine Zeit lang diesen Widerspruch für mich selbst zu akzeptieren. Ihn als Mehrschichtigkeit meines Mensch-Seins anzunehmen. Aber dann überlagert der Alltag all die Wünsche und Ideale, die man an die eigene Persönlichkeit, sowie die Beziehung zum Partner hat und diese Akzeptanz verwandelt sich in das Gegenteil. Gefühle wie Wut auf sich selbst und Traurigkeit vermiesen einem den (möglichen) Spaß an der Sache. Die Erinnerung an Momente in denen Ausschnitte dieser Phantasien Wirklichkeit wurden wabern vorm geistigen Auge herum. Etwas kämpft in dir. Du sehnst dich nach Momenten tiefer Nähe, möchtest dich nach längerer Zeit auch real wieder einmal „fallen lassen.“ Doch wenn sich die reale Chance dazu bietet will es nicht recht gelingen. Vermutlich folgen dann noch Missverständnisse mit dem Partner…
Trotzdem bewegt sich die Phantasie-Welt immer intensiver in diese eine Richtung, welche wir selbst gerade nicht annehmen können oder wollen. Vermutlich ist es generell die Ambivalenz zwischen Gedankenwelt und Realität, die für den Kick sorgt unabhängig davon, ob man es gerade bewusst ablehnt oder nicht. Es erregt dich, weil es nicht sein darf, nicht zu dir passt. („Verdammt, ich bin doch Feministin“, geht dir immer wieder durch den Kopf. Dabei kann es durchaus feministisch sein, den eigenen Bedürfnissen entsprechend zu handeln.) Vermutlich ist das alles eigentlich gar nicht so wild, denn eine Phantasie als solche verletzt niemandem und kann, wenn wir das wollen, das gesamte Leben lang eben „nur“ Phantasie bleiben!
Eine Vermutung: Wenn wir älter werden verändert sich wahrscheinlich nur der Grad dessen, was wir aufgrund des Abweichens vom in der Jugend gelernten „Blümchensex“ erregend empfinden. Mit Mitte zwanzig träumte ich – allerdings wirklich im Schlaf – hin und wieder, dass einer meiner früheren Lehrer und ich uns geküsst hätten, was mich berührt und erregt hat. Allein dieser im Traum so intensive Kuss genügte damals, um mich etwa zwei Tage lang zu irritieren, da mich dieser Lehrer aus meiner Sicht häufig ungerecht behandelt hatte. (Wut war häufig präsent als er mich noch unterrichtete aber garantiert keine kindliche Schwärmerei einer zwölfjährigen Schülerin.)
Heute sind es andere, aus meiner Sicht extremere Phantasien, die dazu taugen mich zu irritieren oder gar zu ärgern aber das Prinzip ist vermutlich noch immer das selbe. Man wird erregt von dem Gedanken an eine Situation, die so nicht sein sollte oder sein darf.
Das Positive an der (aktuellen) Misere: Erfreulicher Weise tritt für mich erfahrungsgemäß die Ablehnung meiner Gedankenwelten nach einer Weile wieder in den Hintergrund, was auch meinem Freund zu verdanken ist, dem die Gedanken, die mich erregen Freude bereiten – auch oder gerade im gemeinsamen Erleben. Wenn der Knoten platzt, liegen wir hoffentlich auch dieses Mal verschwitzt und entspannt Arm in Arm und lachen darüber, dass unsere mal körperlich, mal nur gedanklich durchlebten Phantasien für uns beide genau passend sind.
Kennt ihr diesen Widerspruch? Wenn ja: Habt ihr Wege gefunden damit umzugehen? Über mutige Kommentare freue ich mich natürlich besonders.